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privat
×    2 Männer, 1 Witz
Der Text entstand anlässlich einer Einladung von Julius Deutschbauer zu seiner Ausstellung im MAK 2023.

Meine Bibliothek ungeschriebener Bücher (kurz: BuB) umfasst genau zwei Exemplare. Davon habe ich eines nur zur Hälfte nicht geschrieben. Der andere Nichtschreiber ist Julius Deutschbauer, mit dem ich von 2001—2008 das eine oder andere Buch tatsächlich zusammen geschrieben habe. Der Titel dieses Buches ist »2 Männer, 1 Witz«, und wer meint, es schon einmal gesehen zu haben, der ist vielleicht vor ca. 20 Jahren in einer der 12 Lektionen mit dem Titel »Politisch für Künstler« gewesen (oder kennt sogar die gleichnamige Publikation). Jede Lektion begann »mit einem einführenden Witz«, wie wir sagten, »aus unserem Buch: 2 Männer 1 Witz«. Dazu hielt es einer von uns in die Höhe, so dass man es auch sehen konnte. Es war ein als gelber Reclamsband verkleideter gelber Reclamsband, im Kern eine Aufsatzsammlung von John Austin. Darin ist der für mein zweites ungeschriebenes Buch entscheidende Aufsatz mit dem Titel »So tun als ob« abgedruckt. Seine Thesen widersprechen der gängigen Vorstellung, dass Fiktion und somit auch Kunst, soweit sie eben fiktional ist, aus einer Als-ob-Handlung hervorgeht (oder sich daraus erklären lässt). Diese verlangt nach Austin vom Akteur, dass er anwesend ist, d. h. in Gegenwart mit der gefoppten Person (seinem Publikum) »so tut als ob«, und zudem, dass er durch sein Tun etwas kaschiert, was für sie eigentlich interessanter ist als das, was er vormacht (der »Schein«, der zwar ablenkt, aber nicht unbedingt falsch ist). Ich weiss nicht, was Deutschbauer heute davon hält, aber mich hat unsere Auseinandersetzung über dieses Thema dazu bewogen, ein Buch mit dem Titel »Täuschungsarten« zu schreiben. Nachdem dies nicht geschehen ist, ist es also immer noch in meiner BuB zu finden, wie gesagt, neben dem Buch »2 Männer, 1 Witz«. Falls sich in Deutschbauers BuB (wer schreibt, hat eine solche, denke ich) ein Buch mit demselben Titel befindet, ist es ein anderes. Denn das, was ich nicht geschrieben habe, hat nicht er nicht geschrieben, und umgekehrt. Nicht, dass er geschrieben hat, was ich nicht geschrieben habe, wie es sonst bei den Büchern ist, die wir »zusammen geschrieben« haben. Das ist etwas anderes, meine ich, als zusammen Klavier spielen, zu vier Händen auf derselben Tastatur, wo einer dem anderen schon einmal in die Finger geraten kann. Ich zitiere hier daher nur aus meinem Buch, und zwar den abschliessenden Witz, einen Witz im Witz sozusagen, dem quasi die bessere Hälfte fehlt: Spring kommt zum Deutschbauer. Nicht schon lachen, denkt er und klopft an die Tür, doch es rührt sich nichts. Klopft wieder und wieder — nichts. »Ach, verstehe«, sagt er endlich, »du bist nicht da«. Jetzt versteht einer den Witz des anderen wieder nicht, weshalb eine Erklärung folgt. Nachdem sie das Verständnis fördert, indem sie die Pointe ruiniert, sagt Deutschbauer: »Ich finde das gar nicht lustig«, worauf Spring sagt, »ist ja nur ein Witz aus unserem Buch: 2 Männer, 1 Witz«.